NACHGEFRAGT: Dr. Barbara Möhlendick

Koordinationsstelle Klimaschutz

Sehr geehrte Frau Dr. Möhlendick, bitte stellen Sie sich und die Koordinationsstelle Klimaschutz der Stadt Köln in wenigen Sätzen vor und erläutern Sie kurz Ihre eigene sowie die Funktion der Koordinationsstelle. 

Vor sechs Jahren habe ich zusammen mit Frau Reker, die damals noch Umweltdezernentin war, die Koordinationsstelle Klimaschutz ins Leben gerufen. Zuvor habe ich 15 Jahre lang mit großem Vergnügen internationale Projekte in der Stabsstelle des Oberbürgermeisterbüros betreut. Mein Schwerpunkt lag dabei auf den Forschungsprojekten. In der Schnittstelle zwischen Forschung und Umsetzung habe ich schon damals  Klimaschutzprojekte angestoßen, eines meiner Schwerpunktthemen war die nachhaltige Mobilität. Vor meiner Tätigkeit bei der Stadt Köln war ich lange in der Wissenschaft sowohl in Europa als auch weltweit aktiv. Als Diplom-Agraringenieurin arbeitete ich auch in diversen Projekten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.

Zunächst habe ich die die Aufgaben Koordinationsstelle als One-Woman-Show erfüllt. Ein knappes Jahr später unterstützten mich eine Vollzeit- und eine Teilzeitkraft. Wir waren eine klassische Koordinationsstelle und bereiteten Themen wie Klimaschutz, Smart City und Klimapartnerschaften für die Oberbürgermeister und Dezernenten vor. Durch intensive Netzwerkarbeit, die Koordination klimafreundlicher Projekte mit anderen Dienststellen und die Öffentlichkeitsarbeit für den Klimaschutz, kamen vielfältige und zeitintensive Aufgabenfelder hinzu. Inzwischen sind wir auch für die Umsetzung des Klimaschutzes und der Klimaschutzprogrammatik sowie für die Klimaschutzbilanz zuständig. Deshalb war eine Expansion dringend notwendig. Mittlerweile besteht mein Team aus 14 Personen. Wir als Verwaltung möchten Vorbild sein und zeigen, dass wir den Klimaschutz auch selbst umsetzen. Deswegen starten wir in diesem Jahr gemeinsam mit der Energieagentur das Projekt »Mission E«. Das »E« steht für Energiesparen in der Verwaltung, hier wollen wir in den Büros CO2 und Primärenergie einsparen. In allen Bezirksrathäusern, im Hauptrathaus sowie im Stadthaus in Deutz startet diese Aktion. Sie soll für den Klimaschutz sensibilisieren, das Thema öffentlicher machen. Auch im Bereich Mobilitätsmanagement haben wir eine Vorbildfunktion und werben für den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr und das Fahrrad. Darüber hinaus machen wir uns für eine nachhaltige Mobilität bei unserem eigenen Fuhrparkmanagement stark. Mit diesen Klimaschutzmaßnahmen in der Stadtverwaltung Köln können wir  auf 1 % der Emissionen der Stadt Köln einwirken. Dennoch ist dies ein wichtiger Schritt, um auch in der Stadtgesellschaft ein Zeichen hin zum schonenden Umgang mit Ressourcen aufzuzeigen. An 99 % aller Emissionen ist jeder von uns beteiligt, als Endverbraucher, als Arbeitnehmer, als Arbeitgeber oder auch als Tourist. Derzeit haben wir 19 Maßnahmen zum Klimaschutz definiert. Es geht um klimafreundliche Entwicklung von Neubaugebieten, Sanierung von Altgebieten, klimafreundliche Mobilität, smarte Mobilität. Die Stadtgesellschaft soll motiviert werden, sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Wir haben das Altbausanierungsprogramm, zusätzlich haben wir ein Förderprogramm für Vereine und Organisationen initiiert und noch in diesem Jahr wird ein weiteres Programm zur Unterstützung von Start Ups ins Leben gerufen, die klimafreundliche oder smarte Projekte anstoßen. Weiterhin unterstützen wir den »Tag des guten Lebens«, das »Bündnis für Nachhaltigkeit« und die Klimaschutz Community, bei denen jeder von uns mitmachen kann.

Was sind die konkreten Ziele und Visionen, die Sie gerne in Köln umsetzen würden?

Es müssen viel mehr regenerative Energien eingesetzt werden. Deshalb möchten wir den Einsatz der Photovoltaik stärker forcieren. In anderen großen Städten ist der Anteil der Photovoltaik-Anlagen auf Handels- und Gewerbeflächen und auch auf privaten Hausdächern viel höher als in Köln. Darüber hinaus arbeiten wir mit diversen Kooperationspartnern arbeiten an Systemen der Wasserstoffenergie. Und natürlich muss dringend die Energieeffizienz der Gebäude verbessert werden. Durch Altbausanierungsprogramme wollen wir die Hauseigentümer begeistern, sich aktiv am Umweltschutz zu beteiligen, damit der Bestand aller Gebäude bis zum Jahr 2050 CO2-neutral ist. 

Was ist für Sie zurzeit das wichtigste Thema in Bezug auf den Klimaschutz in der Stadt Köln?

Bisher werden die Themenfelder Fernwärme und industrielle Abwärme zur Energiegewinnung noch kaum genutzt. Hier haben die Stadtentwicklung, die Verwaltung und auch die Stadtgesellschaft noch einen weiten Weg vor sich, der aber ein sehr großes Potential birgt. Kurzfristig sind Gasthermen verständlich günstiger, langfristig sind regenerative Energien die klügere und umweltschonendere Alternative. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit muss hier ein Bewusstsein zum Umdenken in der Stadtgesellschaft erreicht werden. Mit unseren drei Klimapartnerschaften in Nicaragua, Rio de Janeiro und Brasilien wollen wir den Fokus auch auf die Abholzung der Regenwälder lenken. Wir stehen in engem Kontakt mit der Universität der indigenen Völker in Peru, unterstützen dort gerade den Bau einer Photovoltaik-Anlage und wollen so mithelfen, den Lebensraum der indigenen Völker zu erhalten. 

Wer bestimmt die Themen, mit denen sich die Koordinationsstelle Klimaschutz beschäftigt? Können Sie diesbezüglich selbst entscheiden oder ist da eher die Stadt dafür verantwortlich?

Wir erhalten sowohl konkrete Anregungen aus der Politik als auch aus der Verwaltung und selbstverständlich auch von Bürgerinnen und Bürgern. Natürlich haben wir auch viele eigene Ideen, werden unterstützt durch die Expertise aus der Wissenschaft und aus Ingenieurbüros. In der Koordinationsstelle werden die Maßnahmen priorisiert, im Hinblick auf die Einsparung von CO2 und selbstverständlich auch auf die Finanzierbarkeit. Die effizientesten Maßnahmen werden zuerst umgesetzt. Wir akquirieren Fördermittel, um hier zeigen zu können, wie Klimaschutz funktioniert. Ein weiterer wichtiger Baustein unserer Arbeit ist das Projekt SmartCityCologne. Wir haben ein urbanes Labor mit derzeit 50 Projekten, in dem innovative Maßnahmen, wie LED, das Smart Metering oder auch das virtuelle Kraftwerk, klimaneutrale Bürogebäude und Wohngebäude, Carsharing, Bikesharing oder Mobilstationen getestet werden. 

Können Sie Tendenzen hin zu einem Bedeutungsgewinn der Koordinationsstelle Klimaschutz innerhalb des Kölner Rats erkennen?

Frau Oberbürgermeisterin Reker hat wichtige Projekte des Klimaschutzes als Leitprojekte definiert. Es wurden neue Förderprogramme, z.B. das Altbausanierungsprogramm aufgelegt und mit all den Maßnahmen, die ich schon erwähnt habe, werden wir mehr und mehr wahrgenommen. 

Dann würde ich sie abschließend noch gerne fragen, mit welchen anderen Dezernaten oder Abteilungen die engste Zusammenarbeit stattfindet?

Zuerst einmal arbeiten wir im eigenen Dezernat sehr eng zusammen, hier werden die Themen Soziales, Wohnen, Gesundheit, Umwelt und Klimaschutz gebündelt. Sie greifen auf vielfältigste Weise ineinander. Vor kurzem haben wir zusammen mit dem Wuppertaler Institut ein neues Projekt zum Thema klimafreundliches Wohnen gestartet. Hier wird gezeigt, wie man durch klimafreundliches Bauen sozial und gesünder leben kann. Darüber hinaus arbeiten wir mit dem Dezernat für Mobilität in verschiedensten Bereichen zusammen, da es hier viele Schnittstellen gibt. Wir verstehen uns auch als Serviceeinheit, die Projektmittel akquiriert und Kooperationen koordiniert. Aktuell betreuen wir ein Projekt mit der Deutschen Bahn Smart City, hier sollen Bahnhöfe mit besserer Logistik, ausgeklügelterer IT und Radstellanlagen attraktiver gemacht werden und so den Umstieg weg vom Individualverkehr erleichtern.

 

Bei Barbara Möhlendick NACHGEFRAGT hat David Cochius.