Hintergrundinfos: Dossier "Sharing is Caring …?"

Laut einer Untersuchung des Umweltbundesamts wünschen sich 82% der befragten Deutschen eine Umgestaltung ihrer Stadt, durch welche "die/der Einzelne kaum noch auf ein Auto angewiesen ist".(1) Dem gegenüber stehen Studien des Statistischen Bundesamts, denen zufolge das Wachstum des Kraft­fahrzeug­bestandes in Deutschland seit Jahren steigt und 2016 einen neuen Höchststand erreicht hat.(2)

Der Wunsch nach zunehmender Unabhängigkeit vom Auto bildet somit einen massiven Gegensatz zur tatsächlichen Situation auf unseren Straßen. Darauf hat der Bundesverband für CarSharing (bcs) reagiert – und vor einigen Jahren begonnen, den Trend des flexiblen Fahrzeugverleihs zu fördern.

 

Carsharing als Alternative zum Privatfahrzeug

Der Begriff "Carsharing" meint zunächst einmal nur, dass ein Auto von mehreren Personen geteilt wird, wobei es keinem der Nutzer selber gehört. Unterschieden wird dabei zwischen stationsbasierten Fahrzeugen mit einem festen Parkplatz und sogenannten "free-floating" Autos: letztere können überall in der Stadt geparkt und vom Nutzer via Smartphone geortet bzw. gebucht werden. Mittlerweile stehen den Verkehrsteilnehmern in 597 Städten und Gemeinden verschiedene Fahrzeugtypen zur Verfügung, die rund um die Uhr per Internet oder Telefon ausgeliehen werden können.(3)

Kürzlich hat sogar der Bundestag auf diese Alternative zum privaten PKW reagiert: das am 30. März 2017 verabschiedete "Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing (Carsharinggesetz – CsgG)" sieht vor, dass deklarierte Carsharing-Fahrzeuge im Straßenverkehr bevorrechtigt werden.(4)

 

Carsharing als Gewinn für Stadtverkehr und Umwelt?

Die Vorteile des Carsharings scheinen zunächst auf der Hand zu liegen: Nutzern wird der Komfort eines individuell nutzbaren Fahrzeugs gewährleistet, ohne dass sie die Kosten eines eigenen Autos zu tragen haben. Schaffen als Konsequenz mehr Bürger ihr Privatauto ab, entspannen sich die Park- sowie die Verkehrssituation innerhalb der Städte. Darüber hinaus sieht die Theorie vor, dass Personen ohne eigenen PKW grundsätzlich öfter die Angebote des ÖPNV nutzen – wer hingegen ein Auto vor der Tür stehen hat, wird schneller dazu verführt, dieses zu nutzen.

Der bcs wie die Bundesregierung sehen Carsharing daher als "wichtigen Baustein eines nachhaltigen Mobilitätsangebots"(5), dessen Potenzial zur Verminderung des motorisierten Individualverkehrs dem "Klimaschutz und der Luftreinhaltung sowie der Minderung der Lärmemissionen" zuträglich ist.(5)

 

Doch wie realistisch ist diese Theorie tatsächlich? Laut einem Artikel des WDR könnte das wachsende Angebot an Carsharing-Optionen dazu führen, dass Nutzer darin eine Alternative zum Fahrrad entdecken und deshalb sogar häufiger auf das Auto zurückgreifen, als es sonst der Fall wäre.(6) Weiterhin bleibt fraglich, ob PKW-Besitzer zugunsten der Option "Carsharing" wirklich ihr Fahrzeug abschaffen – schließlich ist das Angebot auch so für sie nutzbar.

Ein Bereich, in dem Carsharing definitiv neue Möglichkeiten eröffnet, ist die Vernetzung unterschiedlicher Mobilitätsformen: es schließt die Lücke zwischen den bisherigen Verkehrsmitteln des sogenannten Umweltverbunds (ÖPNV, Taxi, Rad- und Fußverkehr).

Weiteres Potenzial bergen abgewandelte Formen des Carsharings, wie etwa das RideSharing – auch bekannt als Mitfahrgelegenheit. Hierbei können Nutzer sowohl auf regelmäßigen Fahrten, z.B. beim Pendeln, als auch auf Fernstrecken gegen ein festgelegtes Entgelt ihren Platz im Auto eines privaten Fahrers buchen.

Nicht zuletzt sollte auch auf die Einsatzmöglichkeiten von Elektroautos hingewiesen werden. Im Großraum Hamburg etwa werden E-Autos gezielt in verschiedenen Stadtvierteln nach dem Carsharing-Prinzip zur Verfügung gestellt;(7) was den Umweltschutz betrifft, stellt dieses Konzept möglicherweise die nachhaltigste Form von Carsharing dar.

 

An dieser Stelle sind wir gespannt auf eure Meinung. Wie beurteilt ihr die oben aufgeführten Ansätze? Was haltet ihr von der Förderung des Carsharings zugunsten des Umweltschutzes? Und wie lautet eure Position zu folgenden Fragen …

 

  • E-Carsharing – sinnvolle Idee oder, mangels ausgereifter Technik, praxisuntauglich?

  • Mitfahrgelegenheiten – tolles Konzept? Oder falscher Ansatz, da der Autoverkehr statt z.B. der Bahn unterstützt wird?

  • Mitfahrscheibe für Privatautos - Idee mit Zukunft oder zu unrealistisches Konzept?

  • Prämie für Immobilienbewohner ohne Auto in San Francisco: Das für Stellplätze eingesparte Geld wird in Sonderangebote für Carsharing und ÖPNV investiert – zukunftsweisende Maßnahme oder Wunschgedanke?

     

Bitte beachtet: Diese Diskussion ist nicht dazu gedacht, einen Schlagabtausch zwischen verschiedenen Interessengruppen anzuheizen. Vielmehr suchen wir nach möglichst vielen unterschiedlichen Standpunkten, konstruktiven Auseinandersetzungen und nach neuen Vorschlägen! Jeder Einzelne von uns, der am Straßenverkehr teilnimmt, nimmt Einfluss auf unsere Mobilitätskultur – und so können wir alle einen Teil zu gegenseitiger Rücksichtnahme und offener Mitgestaltung leisten. Wir freuen uns auf eure Anregungen!

 

Schau doch auch mal hier …

e-Quartiere in Hamburg – Integration von Elektromobilität in modernes und ökologisches Wohnen

Untersuchung des WDR: Wann lohnt sich ein eigenes Auto?

 

(1) "Umweltbewusstseinsstudie 2014 – Fact Sheet", Umweltbundesamt, 2014, S.4

(2) Mitteilung "Kraftfahrzeuge 2016: weiter auf Wachstumskurs", Statistisches Bundesamt Deutschland

(3) Angaben auf der Homepage des Bundesverbands für Carsharing

(4) Mitteilung des Deutschen Bundestags zur Gesetzesabstimmung

(5) Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing, S.16 / S.19

(6) Artikel "Wie nachhaltig ist Carsharing?", WDR, 21.02.2017

(7) Artikel "Stadt in Bewegung", Süddeutsche Zeitung Online, 12. Januar 2017


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