Ein Joghurtbecher Pestizide

Die Temperaturen sinken, unsere Wintergarderobe verlangt nach einer Auffrischung, und Weihnachten rückt auch näher: Bestimmt hat der ein oder andere von uns in letzter Zeit schon die Klamottenläden durchstöbert und ist mehr oder weniger schwer beladen heimgekehrt.

Apropos schwere Taschen – wie viel würden unsere Einkaufstüten eigentlich wiegen, wenn wir zusätzlich den jeweiligen CO2-Ausstoß der Kleidung darin herumtragen würden?

Ein Damen-Langarmshirt aus Baumwolle, das 220 Gramm wiegt, schlägt immerhin schon mit 10,75kg Treibhausgasemissionen zu Buche; bei einer Sweatjacke sind es rund 13,45 kg.(1) Damit bringen es diese beiden Kleidungsstücke zusammen auf 24,2 kg Emissionen – in etwa das Gewicht von anderthalb Kästen Wasser. Doch anhand welcher Faktoren werden solche Werte ermittelt?

Der Lebenszyklus unserer Kleidung beginnt auf dem Acker, wo die Pflanzen für die Textilherstellung – üblicherweise Baumwolle – angebaut werden. Die Bewirtschaftung der Felder sowie das anschließende Ernten verursachen hier den ersten CO2-Ausstoß. Dabei macht es einen Unterschied, ob Landbearbeitung und Ernte per Hand oder maschinell erfolgen, und wie viel Düngemittel eingesetzt wird.

Anschließend reisen die Rohstoffe weiter zu den verschiedenen Fabriken, in denen sie auf ihre Verarbeitung warten. Baumwolle muss gereinigt, gekämmt und zu Garn versponnen werden; danach werden die Fasern zu Textilien verwoben. Hinzu kommen Arbeitsschritte wie das Bleichen und Färben sowie weitere chemische Veredelungsvorgänge – Verfahren, die den weitaus höchsten CO2-Ausstoß in der Herstellungskette verursachen. Der Emissionsanteil durch die Textilherstellung beläuft sich innerhalb des gesamten Prozesses auf rund 74%.(2)

Aus den veredelten Stoffen wird schließlich unsere spätere Kleidung gefertigt. Nicht nur der Energieverbrauch von Schneide-, Näh- und Bügelmaschinen fließt hier in die CO2-Bilanz ein, sondern auch die dafür genutzten Energiequellen sind ausschlaggebend. Einige Textilfirmen haben es geschafft, ihre Emissionen durch den Einsatz erneuerbarer Energien so sehr zu senken, dass sie mittlerweile CO2-neutrale Kleidung produzieren.

Notwendig dafür ist, neben der alternativen Energienutzung, auch die Verwendung von Biobaumwolle. Im Gegensatz zu herkömmlich produzierter Baumwolle wird bei ihrem Anbau auf den Einsatz von Mineraldünger und Pestiziden verzichtet, wodurch die entstehende Emissionsmenge auf ein Drittel gesenkt werden kann.(3)

Nachdem die fertige Kleidung zu den Geschäften transportiert wurde, wandert sie schließlich vom Ladentisch in unseren Schrank – und ab dort haben wir Einfluss auf ihre weitere Klimafreundlichkeit!

Der höchste Emissionsanteil innerhalb der gesamten Bilanz entfällt nämlich auf die Gebrauchsphase. Für uns bedeutet das konkret: Wie oft wasche ich etwas – und bei welcher Temperatur? Achte ich darauf, dass die Waschmaschine bei jedem Waschgang komplett beladen ist? Verwende ich den Trockner oder die Wäscheleine? Und wie lange nutze ich ein Kleidungsstück, bevor es ausrangiert wird?

In diesen Bereichen können wir die finale CO2-Einstufung einer Bluse oder Jeans maßgeblich senken. Bereits ein Waschgang bei 40° statt 60°C reduziert die Treibhausgasemissionen um ein Kilogramm (1) – und spart obendrein Geld und Energie. Auch der Umstieg auf die Wäscheleine zahlt sich aus: eine Trocknerladung verbraucht dreimal so viel Strom wie eine Waschladung und schlägt zudem mit einem knappen Euro Kosten zu Buche.(4) An der frischen Luft wird unsere Kleidung hingegen schonender getrocknet, wodurch wir automatisch länger Freude daran haben.

Und nicht zuletzt können wir beim nächsten Einkaufsbummel ja einfach mal die Schildchen etwas genauer unter die Lupe nehmen: Kennzeichnungen wie „Bio“, „Öko“, „aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA)“ oder „Organic Cotton“ weisen auf ökologisch angebaute Baumwolle hin; das „GOTS“-Siegel zertifiziert darüber hinaus nur Kleidung, bei deren  Herstellung zusätzlich auch soziale Standards eingehalten werden.

Erhältlich sind Klamotten aus Biobaumwolle in zahlreichen Bekleidungsgeschäften wie etwa C&A oder H&M, und teilweise sogar bei Discountern. Zudem bieten viele kleinere Läden in ihrem Sortiment ausschließlich Öko-zertifizierte Marken an – eine Übersicht dazu findest du im Anhang dieses Artikels.

Wenn man sich vor Augen führt, dass in einem T-Shirt aus herkömmlicher Baumwolle durchschnittlich 150 Gramm Pestizide stecken(5), also die Portionsgröße eines kleinen Joghurts, hat man neben den Vorteilen fürs Klima vielleicht sogar einen weiteren Anreiz, beim nächsten Einkauf etwas genauer hinzuschauen. Nicht zuletzt kannst du dir den Kauf des Biobaumwoll-Shirts auch auf deinem KCK-Konto gutschreiben lassen – und siehst so direkt, um wie viel kg CO2 du unsere fiktive Einkaufstüte nun erleichtert hast.

 

Schau doch auch mal hier...

Übersicht zu nachhaltigen Modelabels (Utopia.de)

Bio-Mode - Shops und Labels (Brigitte.de)

Vorstellung grüner Modemarken mit Städteübersicht ihrer Ladenlokale (gruenemode.com)

Ratgeber zu Siegeln und Qualitätszeichen fairer Mode (modeaffaire.de)

 

(1) "Product Carbon Footprint Analyse von drei ausgewählten Textilien", Systain, 2009

(2) "CO2 -Simulations-Tool am Beispiel der Textilindustrie", Hochschule Albstadt-Sigmaringen & Intellgenio, 2010

(3) "Eco Fashion – Top-Labels entdecken die grüne Mode", K. Diekamp & W. Koch, 2010, S.80

(4) "Tipp 11: Wäscheleine statt Trockner", Bund der Energieverbraucher

(5) "Grüne Mode - Revolution im Schrank", Kirsten Brodde


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