Unser täglich Brot

Schon gewusst? In Frankreich schneidet man das Baguette klassischerweise nicht mit dem Messer, sondern bricht es mit den Händen.

Die Tradition des Brot-Brechens ist nicht nur im religiösen Kontext, sondern auch in den Essensritualen verschiedenster Nationen und als Teil von Trauungszeremonien ein fester Bestandteil des Zusammenkommens. Man teilt die Nahrung aktiv miteinander und zeigt durch eine bewusste Geste Wertschätzung und Dankbarkeit für die Speisen.

 

Mehr Genuss durch bewusstes Essen

Ein schönes Ritual – insbesondere, weil US-amerikanische Forscher nachgewiesen haben, dass bereits ganz kurze Essensrituale den Genuss unserer Mahlzeiten spürbar erhöhen. Auch der altbekannte Spruch »Du bist, was du isst« führt uns immer wieder vor Augen, wie eng Nahrungsaufnahme und Wohlbefinden miteinander verbunden sind – machen wir uns doch also ab und zu bewusst, womit unser Essen Tag für Tag zusammenhängt.

Was für uns Mittel zur schnellen Sättigung oder zelebrierter Genuss sein kann, ist für viele andere Menschen im wahrsten Sinne des Wortes ihr täglich Brot. Fair-Trade- Siegel erinnern uns beim Einkauf daran, dass der Kaffee nicht ohne Vorgeschichte aus der Maschine fließt, und die Proteste der Milchbauern führen uns vor Augen, dass auch in Deutschland Menschen vom Preis, den wir für ein Nahrungsmittel zahlen, ihren täglichen Lebensunterhalt bestreiten. Die Europäische Umweltkommission berichtet von Fällen, in denen Felder nicht abgeerntet wurden, weil der Marktpreis für den Ertrag die Kosten der Erntearbeit nicht rechtfertigen würde.(1)

Beispiele wie dieses führen uns schnell wieder zum Stichwort der Wertschätzung: Können wir bereits durch unser Einkaufsverhalten anderen Menschen Dankbarkeit für unser Essen (und die damit verbundene Arbeit) aussprechen? So, wie wir es auch nach einem Familienessen oder Restaurantbesuch tun?

Wenn wir diesen Gedanken einmal weiterspinnen, ist es sogar möglich, der Natur, aus der wir letztendlich all unsere Nahrungsmittel beziehen, einen gewissen Respekt zu zollen. Aufgrund der weltweiten Lebensmittelverschwendung wird unser Klima jährlich massiv durch vermeidbare CO2-Emissionen belastet (siehe »Die drittgrößte Nation«); monokulturelle Landwirtschaft, Düngemittel und Massentierhaltung schädigen gleichermaßen Böden, Grundwasser sowie das Erdklima.

Darüber hinaus sind wir es heutzutage gewohnt, nahezu alle Lebensmittel rund ums Jahr zur Verfügung stehen zu haben, und möchten verständlicherweise ungerne auf diesen Luxus verzichten. Gleichzeitig wissen wir jedoch auch, dass die damit verbundenen Herstellungs- und Transportverfahren teilweise äußerst CO2-intensiv sind, und dass das Überangebot unserer Supermärkte zudem verantwortlich für einen hohen Prozentsatz täglich anfallender Nahrungsmittelabfälle ist.

Dies ist kein Plädoyer für ein schlechtes Gewissen. Sondern die Anregung, sich die komplexen Auswirkungen unseres Essverhaltens einfach ab und zu bewusst zu machen – schließlich geht es letztendlich genau darum: Bewusstheit und Wertschätzung.

Es ist für die Umwelt und unsere Mitmenschen nicht entscheidend, ob wir uns ab und zu missmutig eine Tasse Kaffee verkneifen, sondern vielmehr, dass wir mit etwas offeneren Augen durchs Leben (und die Regalreihen) gehen.

Nahrung ist kostbar und bei weitem nicht überall selbstverständlich, und sie ist mittlerweile auch ein Stück weit zu einem wirtschaftlichen und ökologischen Instrument geworden, über das wir durch unser Einkaufsverhalten Einfluss nehmen können. Darüber hinaus sollten jedoch genauso die Wertschätzung des Essens an sich; der soziale Aspekt sowie der Genuss bei Auswahl, Zubereitung und Verzehr Beachtung finden. Nimm dir doch für dein nächstes Frühstück mal bewusst fünf Minuten mehr Zeit! Oder du erfindest dein ganz persönliches Essensritual – und denkst daran, wenn du das nächste Mal ein Baguette kaufst.

 

Schau doch auch mal hier ...

Zusammenhänge unserer Ernährungsgewohnheiten mit Umweltveränderungen – Artikel des WWF

Sechs Tipps für bewusstes Essen und Genießen (eattrainlove.de)

 

(1) »PREPARATORY STUDY ON FOOD WASTE ACROSS EU 27«, European Commission DG Environment, 2010